Haben wir die personellen Kapazitäten für die Sanierungswelle?
Deutschland braucht mehr Tempo bei der Gebäudesanierung. Nicht nur, um seine Klimaziele im Gebäudebereich zu erreichen – auch um Gebäude in Zukunft sicher und bezahlbar mit Energie zu versorgen und das Energiesystem zu stabilisieren. In den Branchen Fenster und Fassade, Sonnenschutz und Automation sind Kapazitätsreserven für mehr Sanierung vorhanden.
Laut einer aktuellen Studie der Repräsentanz Transparente Gebäudehülle RTG verfügen die Fensterbauer – ein Schlüsselgewerk in der Sanierung – über Optimierungs- und Kapazitätsreserven, die den Einbau zusätzlicher 617.000 Fenstereinheiten pro Jahr möglich machen. Auch die Fachbetriebe für Sonnenschutz und Rollläden können Reserven mobilisieren und rund 240.000 Projekte zusätzlich umsetzen. Allerdings: Eine deutliche Steigerung der Sanierungsrate auf zwei Prozent, die für die Erreichung der Klimaziele notwendig ist, wäre nur mit einem Zuwachs an Fachkräften zu stemmen.
Es braucht mehr Fachkräfte
Thomas Drinkuth, Leiter der RTG: „Das politische Ziel der Bundesregierung ist klar: Der Energieverbrauch im Gebäudesektor muss durch energetische Sanierung sinken. Unsere Branchen können das leisten – wenn die Bundesregierung zum einen verlässliche Rahmenbedingungen für die Sanierung und somit Planungssicherheit für die Unternehmen schafft und dabei hilft, für ausreichend Fachkräfte zu sorgen.“
Es gibt noch Reserven
Die RTG hat die Studie „Fachkräfte für die Sanierungswelle“ im Oktober in Berlin vorgestellt. Neben der Erhebung aktueller Kapazitätsreserven wird darin der Bedarf an Fenstern, Sonnenschutzsystemen und smarter Steuerung bis 2030 prognostiziert und Aussagen getroffen, wie für die steigende Nachfrage ausreichend Fachkräfte zu mobilisieren sind. Im Fensterbereich müssen bis 2030 mindestens 1.000 zusätzliche Beschäftigte pro Jahr eingestellt werden, damit die notwendige Sanierungsrate von zwei Prozent pro Jahr erreicht werden kann. In vergleichbarer Größenordnung sind zusätzliche Fachkräfte auch für Sonnenschutzprojekte notwendig, um die absehbare Nachfrage bedienen zu können.
Drinkuth dazu: „Wir brauchen dringend eine Fachkräfteoffensive, die zum einen bei der Aus- und Weiterbildung ansetzt und zum anderen den Focus auf Zuwanderung setzt: Ein praxisnahes Fachkräfteeinwanderungsgesetz und die Öffnung der Zeitarbeit für Fachkräfte aus Drittstaaten wäre hier ein Ansatz.“
Gemeinsame Initiative eingefordert
Die RTG fordert entsprechend eine von Politik und Wirtschaft gemeinsam getragene Fachkräfteinitiative und Maßnahmen, um die Attraktivität des Bauhandwerks zu steigern. Zudem gelte es, die Betriebe zu stärken. „Aus- und Fortbildungen sind im Handwerk ein echter Kostenfaktor. Um langfristig Personalkapazitäten aufzubauen, brauchen die Unternehmen die Sicherheit, dass der Sanierungsmarkt deutlich zulegen wird. Die Politik ist hier gefordert, kurzfristig durch eine Verbesserung der Förderung und mittelfristig durch ordnungsrechtliche Vorgaben die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen für eine Sanierungswelle zu schaffen“, so Drinkuth.
Die kürzlich vom Kabinett verabschiedete „Fachkräftestrategie der Bundesregierung“ gehe an vielen Stellen in die richtige Richtung. „Die besondere Problematik in der Baubranche und ihre Bedeutung für zahlreiche politische Ziele wurden offenbar erkannt. Einige richtige Ansätze wurden benannt. Jetzt müssen schnell Taten folgen“, fordert Drinkuth.
Die Studie der RTG wurde vom Marktforschungsinstitut B+L in 2021 und 2022 erstellt. Sie steht über diesen Link zur Verfügung.
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