Nachhaltigkeit und Klimaneutralität im Gebäudebestand
In den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union müssen bis zum Jahr 2033 mehr als drei Millionen Wohngebäude pro Jahr energetisch saniert werden, wenn ein klimaneutraler Gebäudebestand bis zum Jahr 2050 erreicht werden soll. Als energetische Sanierung werden dabei gleichermaßen der Austausch der Heizungsanlage, Dämmmaßnahmen oder der Austausch von Fenstern betrachtet. Damit ergeben sich in den kommenden Jahren weitreichende Potenziale für die ausführenden Unternehmen und die Zuliefererindustrie. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des Bonner Marktforschungsinstitut B+L.
Im Rahmen der Studie „Nachhaltigkeit in der Bauwirtschaft“ hat das Institut den Gebäudebestand und den Status Quo der energetischen Sanierung in Deutschland und in der europäischen Union untersucht. Die Umsetzung des Europäischen Green Deals wird damit in den kommenden Jahren zum wichtigen Treiber der Sanierungsmärkte. Dabei zeigen sich deutliche regionale Unterschiede hinsichtlich der bisherigen Fortschritte beim Thema Energieeffizienz. Der Gebäudebestand in der Europäischen Union umfasst mehr als 118 Millionen Wohngebäude und mehr als 250 Millionen Wohneinheiten. Der Großteil (53,7 Prozent) dieser Wohneinheiten befindet sich in Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien. Doch auch kleinere Märkte spielen in der Strategie der EU eine wichtige Rolle, da die Energieeffizienz hier vielfach unter dem EU-Durchschnitt liegt.
„Energieeffizienz beziehungsweise Klimaneutralität im Gebäudebestand wird damit zum beherrschenden Thema der kommenden Jahre“, sagt Studienautor Marcel Dresse. Auch aus Sicht der Eigenheimbesitzer ist Energieeffizienz ein wichtiger Baustein von Nachhaltigkeit in der Bauwirtschaft. 80,4 Prozent der von der B+L befragten Eigenheimbesitzer sehen Energieeffizienz als primäres Merkmal von Nachhaltigkeit. Doch auch Haltbarkeit beziehungsweise Langlebigkeit von Bauprodukten spielt im Kontext von Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle für die Eigenheimbesitzer.
Zirkuläre Bauwirtschaft
Die lange Nutzung oder eine mögliche Umnutzung von Materialien beziehungsweise Gebäuden ist ein primäres Merkmal der zirkulären Bauwirtschaft, die ebenfalls Schwerpunktthema der neuen B+L Studie ist. Denn der Gebäudebestand der Zukunft lässt sich nicht ohne eine Abkehr von linearen Rohstoffverwendungen realisieren. Wie die B+L Studie aufzeigt, ist das Volumen an Abfällen, die direkt oder indirekt durch die Bauwirtschaft versursacht werden, im Zeitverlauf gestiegen. Von 2012 bis 2021 hat sich das Volumen an mineralischen Bauabfällen in Deutschland demnach von 192 Millionen Tonnen auf rund 214 Millionen Tonnen erhöht. Auch auf EU-Ebene fallen zunehmend mehr mineralische und weitere Bauabfälle an.
Auf der anderen Seite fehlt es vielfach noch an Ansätzen zur ressourceneffizienten Wiederverwendung von Bauprodukten oder Rohstoffen. In vielen Bereichen herrscht laut B+L derzeit Downcycling statt einer sinnvollen Wiederverwendung der Rohstoffe vor. Metallerzeugnisse und einige Kunststoffprodukte stellen hinsichtlich ihrer Recyclingquoten eine positive Ausnahme dar.
Damit lassen sich für die europäische Bauwirtschaft zwei zentrale Herausforderungen für die kommenden Jahre ableiten: Konzepte, Materialien und Fachkräfte für einen stark wachsenden Sanierungsmarkt müssen seitens Industrie, Handel, Planern und Ausführen-den vorgehalten werden. Darüber hinaus müssen Lösungen für eine ressourcenschonende Sanierung des Bestands und für eine zirkuläre Bauwirtschaft gefunden beziehungsweise wo bereits vorhanden weiter vorangetrieben werden.
Mehr Informationen zur Studie gibt es über diesen Link.
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