19. August 2024

Verkauf ist überlebensnotwenig – in der gesamten Wertschöpfungskette

Ein Gastbeitrag von Armin Leinen

Ob im Endkundengeschäft oder im Händlergeschäft, nur verkaufte Fenster können auch produziert werden. Foto: Armin Leinen

Der Markt unterliegt derzeit enormen Herausforderungen. Ging es der gesamten Branche in den letzten Jahren ausgesprochen gut mit teils enormen Umsatzsteigerungen, so sind seit mehreren Monaten bestimmte Teilmärkte regelrecht zusammengebrochen. Die Nachfrage ist teils deutlich gesunken mit der Folge, dass sich viele Anbieter um die geringere Nachfrage wettbewerben. Während in den vergangenen Jahren die Lieferfähigkeit das zentrale Thema war und Preise gut durchgesetzt werden konnten, so kommt der Preis aktuell unter gehörigen Druck. Statt zu verteilen muss also wieder verkauft werden. Und dies gilt für die gesamte Wertschöpfungskette der Systemgeber, Verarbeiter, Händler und Handwerker gleichermaßen. Verkaufen ist überlebensnotwendig geworden.

Alleine wenn man bedenkt, wie viele Babyboomer, darunter sind nun mal auch sehr viele Betriebsinhaber, in den nächsten wenigen Jahren ohne Nachfolger in Rente gehen und wie wenige Firmenneugründungen es gibt, ist schon lange klar, dass sich die Zahl der Anbieter von Bauelementen deutlich verringern wird. Und damit verringert sich auch insgesamt die verkaufte und damit produzierte Menge. Schließlich kann nur das produziert werden, was vorher einem Kunden auch verkauft wurde. Zudem ist die Montagekapazität der Engpass. Je weiter es in der Wertschöpfungskette nach oben geht, umso größer potenziert sich dieses Problem, da jeder vom darunter stehenden abhängig ist. Liquiditätsengpässe, mangelnde Produktivität, fehlende Montagekapazitäten, unzureichende Digitalisierung und der Fachkräftemangel verstärken diese Entwicklung nochmals deutlich.

Wer sich beispielsweise als Verarbeiter mit Händlerkunden nicht auf die Neukundenakquise konzentriert – und natürlich auch die kaufenden Stammkunden immer weiterentwickelt – dem werden die Mengen wegbrechen. Diese Neukundenakquise haben einige Marktteilnehmer allerdings verlernt, weil es doch auch anders in den letzten Jahren ging. Dies ist wiederum die Chance für diejenigen, die es verstanden haben, sich anders und richtig im Wettbewerb zu behaupten. Denn warum gibt es trotz der schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auch derzeit Unternehmen in der gesamten Wertschöpfungskette, die über weiterhin hohe Auslastungen und ein stabiles Preisniveau berichten? Weil sie es schon lange verstanden haben, sich im Wettbewerb durch intelligente Produkte, erweiterte Geschäftsfelder, neue Kundengruppen, digitalisierte Prozesse, Arbeitgeber-Marketing, Weiterentwicklung der Stammkunden und eben durch ein aktives Neukundengeschäft anders zu behaupten.

Die beiden Strategien zur Marktbearbeitung

Um beispielsweise als Verarbeiter einen Händlerkunden neu zu gewinnen, genügen als Argumente die Produkteigenschaften schon längst nicht mehr. Produkte sind oft austauschbar und damit vergleichbar, der Preis entscheidet folglich. Nun gibt es genau zwei Marktbearbeitungsstrategien.

Erstens, Betriebe kaufen sich Aufträge, indem sie den Preis senken. Dies funktioniert allerdings nur, wenn für diese Vorgehensweise ausreichend liquide Mittel aus den Boomjahren zur Verfügung stehen und sie es schaffen, die Preise im Anschluss auch wieder hochzuziehen, sonst sieht es düster aus. Es geht um reine Marktverdrängung.

Oder zweitens, Betriebe punkten mit anderen Argumenten, jenseits der Produktmerkmale. Schließlich geht es immer um das sogenannte Preis-Leistungs-Verhältnis. Soll der Preis gehalten werden, müssen Leistungen erhöht werden oder zumeist reicht es auch schon aus, diese überhaupt herauszustellen. Dies betrifft den Produktnutzen (und nicht nur die Produkteigenschaften), den eigenen Betrieb außerhalb der Produkte, die qualifizierten Vorlieferanten, den Verkäufer als Vertrauensperson, die eigene Montage- beziehungsweise Servicetechniker sowie alle Dienstleistungen und Services, mit denen Händler unterstützt werden.

Gleiches gilt für Händler oder Verarbeiter mit Direktgeschäft, die direkt an Endkunden (Architekten, private Bauherren, etc.) verkaufen. Kunden sind derzeit aufgrund der wirtschaftlichen Situation, der mangelnden politischen Signalwirkung und der weiterhin hohen Baupreise kaufzurückhaltend. Es werden mehr Angebote eingeholt und verglichen mit der Folge, dass die Abschlussquoten niedriger werden. Jeder Verarbeiter kann nur das produzieren, was seine Händler/Handwerker (oder die eigenen Verkäufer im Direktgeschäft) verkaufen. Der Verkauf sichert die Produktionsmengen und damit auch die Produktionsarbeitsplätze. Wenn diese Arbeitsplätze erstmal nicht gehalten werden können, werden diese auch hinterher bei einem Aufschwung umso schwieriger wieder besetzt werden können. Verkäufer oder Außendienstmitarbeiter haben also die Verantwortung, nur im Verkauf werden Tore geschossen.

Training für besseres Verkaufen notwendig

Eigentlich ist es Aufgabe der jeweiligen Akteure in der Wertschöpfungskette, sich selbst im Verkaufen wieder so richtig fit zu machen. Vielen Händlern/Handwerkern fehlt es hier allerdings noch oft an der Einsicht oder den finanziellen Mitteln. Da in der Bauelemente-Branche jeder in der Wertschöpfungskette vom darunter stehenden abhängt, ist es nicht nur notwendig, sondern auch hinreichend, dass die darunter stehenden Betriebe/Personen befähigt und trainiert, besser zu verkaufen. Wer als Verarbeiter seine Verkäufer, für einen Verarbeiter sind dies nun mal die Händler/Handwerker, besser im hochpreisigen Verkaufen und der begeisternden Montage trainiert und gleichzeitig der eigene Außendienst die Neukundenakquise in den Fokus stellt, wird sich nicht von der Hoffnung abhängig machen, sondern seinen eigenen Markt und damit seinen eigenen Erfolg selbst bestimmen.

Jeder Marktteilnehmer hat die gleichen Herausforderungen. Wie so immer im Wirtschaften wird es Verlierer geben und Gewinner. Denn nur wer es schafft, es anders, besser und cleverer zu machen als seine Wettbewerber, wird auf der Gewinnseite stehen. So wie es schon der Schweizer Schriftsteller Max Frisch passend formuliert hat: „Eine Krise ist ein produktiver Zustand, man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen.“ Oder wie der Autor es ausdrückt „Mach es EINFACH, aber MACH es einfach!“

Über den Autor

Armin Leinen ist der Experte für gelebte Kundenbegeisterung und Markenentwicklung im Handwerk. In seiner aktuellen Keynote „Rock Dein Handwerk® – mehr Marke, mehr Fachkräfte, mehr Freiheit“ – begeistert er Verarbeiter, Händler und Handwerker anhand vieler praktischer Beispiele, wie sie zum einen Neukunden gewinnen, Kunden wahrlich begeistern und somit ihre Kunden-Marke im Wettbewerb erfolgreich herausstellen. Und zum anderen, wie sie mit einer ausgezeichneten Arbeitgeber-Marke Fachkräfte binden, neue anziehen und sich somit als attraktives Unternehmen für eine spätere Übergabe herausputzen.

Auf die Homepage von Armin Leinen geht es hier entlang.

 

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