Praktische Einblicke in Rückbau-Projekte
bb-Nachbericht: 10. Fachdialog Fassadenplanung im Next Studio
Geballte Expertise in puncto zirkuläres Bauen und nachhaltige Rückbauprozesse: Die Protagonisten des 10. Fachdialog Fassadenplanung im Next Studio. Foto: Wicona / Mediashots
Wie gelingt Rückbau in der Praxis – nachhaltig, wirtschaftlich und umsetzbar zugleich? Beim 10. Fachdialog Fassadenplanung „Rückbau in der Praxis“ am 30. Oktober 2025 im Next Studio Frankfurt zeigten Praktiker aus Planung, Metallbau und Industrie, wie zirkuläres Bauen bereits heute Realität ist. Anhand konkreter Projekte wurde deutlich, wie Materialien im Bestand intelligent rückgebaut, wiederverwendet und im Kreislauf gehalten werden können. Dabei zeigte sich: Rückbau ist möglich, aber noch längst nicht gelebte Praxis.
Zum Auftakt der von Christian Mettlach (Wicona) moderierten Fachveranstaltung konstatierte Gerhard Feldmayer, Botschafter der Madaster Foundation Deutschland, dass sich die Bauwirtschaft angesichts knapper Ressourcen und ambitionierter CO2-Ziele in einem grundlegenden Wandel befinde. „Zirkuläres Bauen ist längst keine Option mehr, sondern eine Notwendigkeit“. Nur durch vorausschauende Planung, digitale Materialpässe und eine transparente Dokumentation könne die Wiederverwendung von Baustoffen gelingen. Zudem plädierte Feldmayer für Monomaterialien, modulare Systeme und reparaturfreundliche Konstruktionen. Sein Credo: „Wenn wir Materialien beim Bauen erfassen, dokumentieren und im Kreislauf halten, können wir mit dem, was heute verbaut wird, doppelt so viele Gebäude errichten.“
Systematischer Rückbau als Wertschöpfung
Im Anschluss verdeutlichte Michael Fürschke (Knepper Gruppe) am Beispiel des Living Lab NRW in Wuppertal, wie Rückbau unter realen Bedingungen systematisch und ressourcenschonend funktioniert. Das Forschungsprojekt untersucht, wie sich Materialien gezielt demontieren und wiederverwerten lassen. Dabei betonte der Referent, dass der Erfolg solcher Projekte von frühzeitiger Planung und lückenloser Dokumentation abhängt. Rückbau müsse schon in der frühen Planungsphase berücksichtigt werden, um Trennbarkeit, Wiederverwendung und Wirtschaftlichkeit zu sichern. Sein Fazit: „Rückbau ist keine Abbruchleistung, sondern eine Wertschöpfung – wenn man ihn richtig denkt.“
Rückbau unter schwierigen Bedingungen
Wie anspruchsvoll Rückbau im urbanen Umfeld ist, verdeutlichten Jörg Kimich und Martin Blasche (Kühn Geoconsulting) mit dem Projekt Officehome Spark in Köln. Dort wird derzeit ein Hochbunker aus dem Zweiten Weltkrieg unter engen Platzverhältnissen selektiv rückgebaut, statisch ertüchtigt und für eine neue Büronutzung vorbereitet. Das Büro verantwortet die Fachplanung und baulogistische Abstimmung. Die unmittelbare Nähe zu U-Bahn, Hauptbahnhof und Nachbargebäuden erfordert dabei hohe Präzision und Kommunikation. Trotz der komplexen Rahmenbedingungen gelingt es, Baustoffe zurückzugewinnen und Nachhaltigkeit, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit zu vereinen.
Geschlossener Kreislauf bei der Fassadensanierung
Wie Rückbau und Wiederverwendung in der Fassadenpraxis schon heute erfolgreich realisierbar sind, zeigten mehrere aktuelle Projekte aus Deutschland und der Schweiz. Heinrich Würfel (Heinrich Würfel Metallbau) stellte die Sanierung des Evangelischen Campus Nürnberg (ECN) vor. Hier wurden die Fensterelemente der Bestandsfassade vollständig demontiert, sortenrein getrennt und recycelt – in enger Zusammenarbeit mit Wicona und Saint-Gobain Glass. Im Anschluss wurden neue Fenster aus CO2-reduziertem Aluminium verbaut. Würfel: „Das Projekt zeigt, dass Rückbau kein Mehraufwand ist, sondern ein geplanter Bestandteil moderner, ressourcenschonender Bauprozesse.“
Alessandro Chidichimo, Leiter Technik bei der Geilinger AG, zeigte am Beispiel der Schule für Gestaltung Bern (SSB), wie sich eine denkmalgerechte Fassadensanierung und echte Kreislaufwirtschaft verbinden lassen. Zum Einsatz kommt hier ein projektspezifisches Wendefenster aus der nachhaltigen Legierung Hydro Circal 75R – technisch und gestalterisch abgestimmt auf das historische Fassadenbild. Dabei wurden rund 50 Tonnen Aluminium sortenrein recycelt und zu neuen Elementen verarbeitet.
Selektive Revitalisierung im laufenden Betrieb
Am Projekt Omega Haus in Offenbach demonstrierten Jana Wilfert, Circularity Manager bei Wicona, und Dietmar Brüderl, Leiter Wicona Projekt-Service, wie durch ein gemeinsam mit dem Fassadenbau-Unternehmen Heidenbauer Aluminium entwickeltes Sanierungsfenster-Konzept und neuen Fensterelementen aus CO2-reduziertem Aluminium insgesamt 651 Tonnen CO2 eingespart werden konnten – ohne Eingriff in die Gebäudestruktur und deutlich zeitsparender und wirtschaftlicher als bei einem kompletten Fassadenaustausch.
Abschließend zeigten Christian Bonik (Bonik Sustainable Facades) und Udo Wüller (Heidersberger Fassadenbau) anhand der Sanierung des Bürogebäudes Eschersheimer Landstraße 60 in Frankfurt, wie eine „minimalinvasive“ Revitalisierung im laufenden Betrieb gelingt. Dabei wurden die Bestandsrahmen erhalten und nur die Fensterflügel ersetzt – durch neue Aluminiumelemente mit moderner Verglasung und Beschlagtechnik. Das Resultat: 35 Prozent Energieeinsparung und 87 Prozent weniger Wärmeeintrag – ohne Mietausfall oder Abriss.
Networking in entspannter Atmosphäre
Nach Ende des Fachprogramms nutzten die Teilnehmenden beim abschließenden Get-together die Möglichkeit zum intensiven Networking und Erfahrungsaustausch mit den Referenten und den Next Partnern.
Auf die Homepage des Next Studios gelangen Sie über diesen Link.
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